Romanze
Sammlung verschiedener Gedichte. Rudolph E. Schilling. 1772
Der Lebenslauf.
Don Paris mit dem weissen Haupt,
Und schön geputzten Haaren,
Ist auch, wer hätte das geglaubt?
Aus dieser Welt gefahren.
Er wusst’, als Muttersöhngen zart,
Schön klüglich zu regieren,
Und bei noch ungewachsnem Bart
Musst ihm Mama pariren.
Als Knabe gieng er stolz frisirt
Mit galonnirtem Kleide,
Und reitzf‘ en Grenadier toppirt
Die junge Welt zum Neide.
Er konnte sckon im achten Jahr
Französisch schnell parliren,
Und wusste sich, so klein er war,
Recht schön zu produciren.
Das artge Köpfgen trug er frei,
Versetzte fein die Fülle,
Und lächelte und that dabei
Sehr zärtlich und sehr fusse.
Die Karten dienten ihm zum Buch
Bei weiser Damen Lehre;
Das schöne Männchen sprach so klug,
Als obs Professor wäre.
Drauf trat er als Student daher,
Den Degen an der Seite;
Die Gläser wurden fein Gewehr,
Die Mädchen feine Beute.
Doch hasst’ er den Pedantenzwang,
Ein Billiard war ihm lieber;
Und seine Heldenstimme klang
Die Gasse weit hinüber.
Und als er nun, wies schicklich ist,
Drei Jahre, nach Gebühren
Gelacht, getaumelt und geküsst,
So giengs ans Promoviren.
Da lacht’ ihm vom Balcon herab
Die junge Braut entgegen,
Und der entzückte Vater gab
Ihm feinen ganzen Seegen.
Nun schmausst’ er, als ein Fürst umher
Bei beiderseits Verwandten,
Und trank vom Cyperwein so sehr,
Dass Lung und Leber brannten.
Doch ach! ein Schwindel überfällt
Ihn heut am Hochzeitsschmause,
Und eben trug man ihn entseelt
Nach feiner Eltern Hause.